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Vorlesungseinheit Sportmedizin mit Priv.-Doz. Dr. Christian Hoser

v.l. TLV-Präsident Reinhard Kessler, Christian Hoser und TLV-Mastersreferent Alois Egger

Nicht nur in der Leichtathletik ist er bekannt und geschätzt. Als amtierender Vizeeuropameister im M55-Zehnkampf und Sportmediziner mit Rang und Namen bleibt Christian Hoser aber bodenständig und nahbar.  Das danken ihm besonders die Athleten und Trainer, denen er auch im Smalltalk Tipps bei kleineren und größeren Wehwehchen gibt.

Es war ein neues Format, das da am Abend des 09. November in der WUB-Halle veranstaltet wurde. Man nehme ein paar Langbänke als Bühne, eine schon fast antiquiert anmutende Tafel mit Kreide und stelle einen Sportmediziner und -chirurg von Weltrang dazu. Im Auditorium finden sich interessierte Trainern, Athleten, Eltern und Funktionären ein. Wohl wissend, dass Sportmedizin nicht in einer Vorlesungseinheit auch nur annähernd zu vermitteln ist, durchquerte Christian Hoser souverän mit rotem Faden sein Fach.

Für alle, die nicht teilnehmen konnten, hier eine Zusammenfassung seiner Botschaft:

Es gibt, wie in jeder Naturwissenschaft Prinzipien, nach denen der Hase läuft. Für den heutigen Abend seien die Prinzipien der Superkompensation, der Homöostase und die Einteilung von sportlichen Belastungen in Umfang und Intensität in den Fokus gerückt. Training funktioniert, weil sich der Körper nach einer Belastung über das Ausgangsmaß anpasst. Diese Anpassung vergeht allerdings wieder, weshalb man die individuelle Regeneration seines Körpers kennen sollte, um genau zum idealen Zeitpunkt die nächste Trainingseinheit zu setzen.

Regeneration ist ebenso wichtig wie das Training selbst und die Dauer hängt von den unterschiedlichen betroffenen Strukturen ab. Muskulatur erholt sich am schnellsten, weil am besten durchblutet. Träger bei der Erholung sind da schon Sehnen. Knorpel und Gelenksflächen sanieren sich schon beinah überhaupt nicht mehr. Die Erklärung dahinter ist die schlechte Durchblutung dieser Strukturen und damit die schlechte Versorgung mit Nährstoffen. Besser durchblutet können Sehnen, Knorpel oder Gelenksflächen aber nicht sein, da sie unglaublich hohem Druck ausgesetzt sind. Eine Achillessehne kann beim Springen schon mal eine Zugbelastung von 1 Tonne erfahren. Wenn darin ein Blutgefäß eingelagert wäre, würde es einem solchen Druck gar nicht standhalten können.

Nach dem Prinzip der Homöostase bildet der Körper mit seinen Belastungen oder Reizen ein Gleichgewicht. Er passt sich daran an, sofern er dies bewerkstelligen kann. Sind die Belastungen zu hoch, gerät er in ein Übertraining. Sind die Belastungen oder Reize zu gering, baut er ab. Aus diesem Grund versucht man heute auch Ruhigstellungen durch Gipse möglichst hintanzustellen. Es können Beispiele angeführt werden, von Ermüdungsbrüchen beim Springern im Schienbein, bei denen die Trainingsbelastung die Selbstheilung überstieg, oder vom generellen positiven Nutzen von Krafttraining, das das Osteoporoserisiko senkt.

Aus der Kulinarik ist das Fleisch von Koberindern bekannt. Es zeichnet sich durch einen hohen fein verteilten Fettgehalt und der Abwesenheit von „Flaxen“, Sehnen und Knorpeln aus. Aus medizinischer Sicht beinah eine pathologische Beschreibung, sollten doch trainierte Muskeln schlank, mager und von Faszien und Sehnen durchzogen sein. Der Hintergrund beim Koberind: Die Tiere werden in Ställen gehalten in denen die Bewegungsmöglichkeit gleich 0 ist.

Ein Kernpunkt für ein langfristig verletzungsarmes Sportlerleben heißt somit seinen Regenerationsbedarf zu kennen, aber auch dem Trainer sollte dieser bekannt sein. In Trainingsgruppen oder Teamsportarten zeigt sich öfters, dass es Ausreißer in beide Richtungen dabei gibt. Es gibt Athleten, „die kann man treten, wie man will“ und es gibt Athleten, die reagieren schneller auf Belastungen. In der Prophylaxe ist daher darauf Bedacht zu nehmen!

Nicht zuletzt liegt es aber am Athleten selbst, sich wahrzunehmen und Überlastungen möglichst früh zu erkennen. Gerade wenn es sich im Bereich von Gelenken, Sehnen, Knorpeln oder Knochen „zwickt“ und sich über mehrere Tage hinzieht, sollte man hellhörig werden. In die Bewertung einfließen sollte über die Trainingsbelastung hinaus auch die Ernährungsweise und die damit verbundene Versorgung mit Mikro- und Makronährstoffen.

Sinngemäßer Schlusssatz: Hört auf euren Körper! Beobachtet welches Training, welcher Schuh oder welche Nahrungsmittel euch gut tun und legt nicht zu viel Wert auf Trends!

                                                                            

10/11/23 20:36, Text: Paul Koller


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